Dufour 53/66

Per Mitfahrgelegenheit mache ich mich auf den Weg nach Cap d’Agde. Von hier aus soll ich bei einer Bootsüberführung nach Palermo mithelfen. Ich bin sehr gespannt, was mich hier erwartet, zumal wir den Beginn des Törns wetterbedingt bereits 4 Mal verschoben hatten. Letztendlich hat sich jedoch herausgestellt, dass das Boot noch gar nicht fertig zum Auslaufen ist, da quasi noch das ganze Rigg nicht montiert ist. Das lässt bereits auf eine chaotische Ausgangslage schließen. Dennoch entscheide ich die ersten Tage im Hafen zu verbringen und dabei etwas mitzuhelfen.
Am ersten Abend lerne ich Fabio, den Skipper, kennen. Er zeigt mir die wichtigsten Dinge am Schiff und in welcher Koje ich schlafen kann. Zu diesem Zeitpunkt kann man sich zum Glück noch frei bewegen am Boot und es gibt bereits ein funktionierendes Klo und eine Dusche. Das gute Stück wurde erst vor einigen Tagen per Transporter von der Atlantik-Küste geliefert und ist komplett neu. Der nächste Tag wird anstrengend: Das ganze Zubehör des Bootes (Schwimmwesten, Flagge, Leinen, Rettungsring, Teller, Tassen, Töpfe etc. etc.) steckt noch in Kisten im Lager und wird von uns zusammen gesucht und zum Boot gekarrt. Ich verbringe außerdem den halben Tag damit Fender aufzupumpen und Leinen mit einem Lötgarn zu schneiden 🙂 Außerdem lerne ich Dominique und Michelle kennen. Dominique ist ein absoluter Profi und hat die letzten Jahre damit verbraucht, Boote zusammenzuschrauben und ein sehr angenehmer Zeitgenosse. Michelle ist der Besitzer der Firma, die die Boote seetüchtig macht, und eher etwas schwierig. Immerhin kann ich mich mit ihnen auf Englisch verständigen. Das ist in Frankreich ja keine Selbstverständlichkeit.
Das wird die nächsten Tage auch nicht ganz unwichtig werden, immerhin verlässt unser Skipper Fabio den Hafen für die nächsten 2 Tage und beauftragt mich, das ganze Geschehen zu beobachten und auch auf das Boot aufzupassen. Dominique speichert mich scherzhaft als “Laura 66” in seinem Handy ab. Das hat damit zu tun, dass das Boot die Nummer 66 von der Werft bekommen hat. Das Boot kommt also beinahe direkt vom Teufel und so gestaltet sich das Ganze auch: Es wurde der falsche Mast geliefert, es fehlen einzelne wichtige Teile (z.B. die Bodenplatte hinter dem Steuer :D), niemand kennt sich wirklich mit dem Boot aus und ich höre Dominique und Helfer immer nur Fluchen beim Arbeiten. Aber mit viel Improvisation (Euro-Palette statt Boden, anderes Segel und überall viel Tape) und Willen werden die Probleme zumindest vorübergehend gelöst.
In der Zwischenzeit ist auch unser drittes Crew-Mitglied Marco aus Serbien angekommen und Fabio ist auch wieder zurück. Wir können am nächsten Tag also endlich starten. Zuerst wird mal eben noch für gut 900€ getankt und dann geht’s los Richtung  Westküste Korsika. Wir lassen Cap d’Agde im traumhaften Sonnenuntergang zurück und gehen die weitere Fahrt-Planung durch. Die erste Nacht wird durchgefahren und am nächsten Abend kommen wir an der Küste Korsikas an. Leider müssen wir aufgrund mangelndem Windes und des falschen Segels viel mit Motor fahren. Dafür treffen wir unterwegs Delfine und sieben Wale (!) an.

Begleitung von delfinen

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Vor Korsika angekommen gibt es erstmal einen ausgiebigen Badestopp, bevor es Richtung Sardinien und nach Palermo weitergeht. Insgesamt ist es ein sehr entspannter Törn und wir haben super Wetter. Die Nachtwachen teilen wir uns stundenweise auf und segeln bei Nacht ist sowieso super. Jemand, der noch nie gesehen hat, wie ein feuerroter Vollmond am Horizont aufsteigt mag vielleicht etwas anderes behaupten 🙂 . Nach 4 1/2 Tagen kommen wir schon in Palermo an und werden von dem Yacht-Broker, der das Boot vermittelt hat, schon erwartet. Wir sind ziemlich erschöpft, aber gehen trotzdem abends die Stadt erkunden. Es ist ziemlich viel los in Palermo, es ist das Fest der Stadtpatronin und dementsprechend ist volles Haus. Es strömen uns Menschenmassen entgegen, daran muss man sich nach den Tagen Einsamkeit erst gewöhnen. Ich bleibe noch ein paar Tage in der Stadt, um sie zu erkunden. So gut das eben bei 37 Grad Hitze geht. Viel Zeit verbringe ich auch damit, in Cafés zu sitzen und das Treiben auf den Straßen zu beobachten. Und hier passiert das Leben auch wirklich draußen! Fabio ist auch ein sehr guter Guide, da er Italiener ist und in Palermo schon einige Zeit verbracht hat. Er kennt auch einige Leute, vom Buchhändler über den Jazz-Club-Besitzer sind viele interessante Menschen dabei, denen wir vorgestellt werden. Insgesamt gefällt mir die Stadt auf jeden Fall sehr gut, weil es wenig touristisch ist und man vieles selbst entdecken muss. Nach ein paar Tagen in der Hitze beschließe ich allerdings wieder zurück nach Frankreich zu fliegen und Fabio bei der nächsten Überführung zu helfen. Etwas Meeresbrise ist dann doch angenehmer.
Drei Monate später erfahre ich übrigens, dass an der Dufour 53/66 immer noch geschraubt wird 😀

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